Das internationale Forschungsprojekt Evangelium und Kultur fördert und unterstützt in interkulturellem Austausch die Auslegung biblischer Texte unter kommunikativer Perspektive. Die dogmatische Konstitution des II. Vaticanums Dei Verbum weist darauf hin, dass Gott in der Heiligen Schrift durch Menschen und „nach Menschenart“ gesprochen hat (DV 12), so dass „Gottes Worte, durch Menschenzunge formuliert (…) menschlicher Rede ähnlich geworden (sind), wie einst des ewigen Vaters Wort durch die Annahme menschlich-schwachen Fleisches den Menschen ähnlich geworden ist.“ (DV 13). Der Weg des Heils ereignet sich also auch im mitgeteilten Wort (Hebr 1,1-2), so dass folglich die Analyse der Mechanismen, denen die menschliche Sprache gehorcht, die grundlegende Voraussetzung für eine angemessene biblische Hermeneutik darstellt.
 

 

Im Rahmen der kommunikativen Analyse richtet das Forschungsprojekt sein Interesse besonders auf die Pragmatik (gr. pragma = Handlung), d.h. auf den Bereich der Kommunikationswissenschaft, der die linguistischen Zeichen als Ausdruck des Handelns und damit das Handeln durch Sprache untersucht. Die Pragmatik geht davon aus, dass zwei Gesprächspartner in einer bestimmten Situation nicht nur gut strukturierte, wohlklingende Sätze formulieren, sondern dass sie gleichzeitig „Sprach-Handlungen“ (speech acts) vollziehen. Diese Sprachhandlungen stellen die Grundlage der linguistischen Pragmatik dar.
 

 

Vor allem in den letzten Jahren widmete sich das Forschungsprojekt außerdem einem weiteren Aspekt der Sprache und des Bibeltextes: der interkulturellen Dimension. Die kommunikative Analyse fordert ein interkulturelles Verständnis der Bibel auch unter methodologischem Gesichtspunkt, denn in dieser „Bibliothek“, die wir „Bibel“ nennen, sind vielfältige dialogische Strukturen aus unterschiedlichen Kulturen, Ländern und Zeiten verankert. Mit ihrer Annäherung an den biblischen Text versuchen die Mitglieder des Forschungsprojekts Evangelium und Kultur gemeinsam, die vielschichtigen Wirkweisen des Wortes Gottes zu entdecken, „das meinen Mund verlässt: Es kehrt nicht leer zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will und erreicht all das, wozu ich es ausgesandt habe“ (Jes 55,11).